Allgemeines Persönlichkeitsrecht
Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
[Art. 1 Abastz 1 GG]Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
[Art. 2 Abastz 1 GG]
Die Entwicklung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts[↑]
Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht bezweckt den Schutz der Persönlichkeit einer Person vor Eingriffen in ihren Lebens- und Freiheitsbereich. Auch wenn das allgemeine Persönlichkeitsrecht im Grundgesetz nicht ausdrücklich erwähnt wird, ist es heute gleichwohl in der allgemeinen Rechtsüberzeugung als Gewohnheitsrecht anerkannt, nachdem es erstmals 1954 vom Bundesgerichtshof und seitdem in einer Vielzahl von Urteilen in richterlicher Rechtsfortbildung als umfassender Persönlichkeitsschutz aus der in Art. 1 Abs. 1 GG garantierten Menschenwürde und dem Grundrecht des Art. 2 Abs. 1 GG auf freie Entfaltung der Persönlichkeit abgeleitet wurde. Das Bundesverfassungsgericht hat das Allgemeine Persönlichkeitsrecht insbesondere 1973 in seinem ersten Lebach-Urteil[1] definiert.
Das allgemeine Persönlichkeitsrecht wird verstanden als ein absolutes umfassendes Recht auf Achtung und Entfaltung der Persönlichkeit. Es wurde 1954 vom Bundesgerichtshof entwickelt und wird auf Art. 2 Abs. 1 (Freie Entfaltung der Persönlichkeit) in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG (Schutz der Menschenwürde) gestützt.
Das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und die Menschenwürde sichern jedem Einzelnen einen autonomen Bereich privater Lebensgestaltung, in dem er seine Individualität entwickeln und wahren kann. Hierzu gehört auch das Recht, in diesem Bereich „für sich zu sein”, „sich selber zu gehören”[2], ein Eindringen oder einen Einblick durch andere auszuschließen[3].
Sphären-Theorie[↑]
Im Rahmen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts werden drei geschützte Sphären unterschieden, in denen verschiedene Maßstäbe für Eingriffe des Staates gelten:
- die Intimsphäre sowie die engste Privatsphäre: Diese Sphäre umfasst den Schutz der inneren Gedanken- und Gefühlswelt sowie den Schutz des Sexualbereichs.
Die Intimsphäre sowie die engste Privatsphäre stellen dabei einen unantastbaren Bereich privater Lebensgestaltung dar, der dem staatlichen Zugriff verschlossen ist[4]. In dieser engsten Sphäre ist ein staatlicher Eingriff regelmäßig unzulässig und kann auch nicht durch eine Verhältnismäßigkeitsabwägung gerechtfertigt werden. Auch der Gesetzesvorbehalt gem. Art. 2 Abs. 2 GG oder die sogenannte Schranken-Schranken gelten in dieser engsten Sphäre wegen der engen Verknüpfung mit der in Art. 1 Abs. 1 GG als unantastbar garantierten Menschenwürde nicht. Zu dieser dem Zugriff des Staates generell entzogenen Sphäre zählt mit ihrem Kernbereich auch der Schutz der Ehre[5].
- die Privatsphäre: Dies umfasst den Schutz des Privatlebens sowie des Lebens im häuslichen Bereich und im Familienkreis.
Im Bereich der Privatsphäre sind Eingriffe nur unter strikter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zulässig.
- die Individualsphäre: Dies umfasst den Schutz des Selbstbestimmungsrechts. Die Rechtsprechung entwicklete hieraus insbesondere
- das Recht auf informationelle Selbstbestimmung,
- das Rechts auf Resozialisierung und
- das Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung;
Bei Eingriffen in die Individualsphäre sind die Anforderungen für die Rechtfertigung eines Eingriffs nochmals gesenkt, hier gelten der Gesetzesvorbehalt des Art. 2 Abs. 2 GG und die Schranken-Schranken.
Besondere Persönlichkeitsrechte[↑]
Einzelne Bereiche des Persönlichkeitsrechts sind einfachgesetzlich als besondere Persönlichkeitsrecht besonders geschützt. Hierzu zählen etwa
- der strafrechtliche Schutz der persönlichen Ehre[6],
- der Schutz des persönlichen Namens (§ 12 BGB),
- das Recht am eigenen Bild (§§ 22 ff. KunstUrhG) sowie
- das Urheberrecht.
Postmortales Persönlichkeitsrecht[↑]
Das Persönlichkeitsrecht und die Würde eines Menschen bleiben auch nach dem Tod eines Menschen geschützt. Ein solches postmortales Persönlichkeitsrecht hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Mephisto-Entscheidung[7] aus der in Art. 1 Abs. 1 GG als unantastbaren geschützten Menschenwürde abgeleitet und dabei ausdrücklich betont, dass der Mensch auch nach seinem Tod nicht seinen persönlichen Achtungsanspruch verliert.
Ansprüche bei Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts[↑]
Bei einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts steht dem Verletzten regelmäßig ein Unterlassungsanspruch zu, darüber hinaus ggfs. auch ein Berichtigungsanspruch (analog § 1004 BGB) sowie ein Schadensersatzanspruch (§ 823 Abs. 1, 2 BGB), der bei einer schwerwiegenden Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts auch ein Schmerzensgeld für erlittene immaterielle Schäden umfassen kann.